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Erschreckende Zahlen und düstere Perspektiven


04.08.09

Erschreckende Zahlen und düstere Perspektiven

Deutschland Schlußlicht in der EU-Geburtenstatistik

von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Nach der neuesten EU-Vergleichsstatistik liegt Deutschland im Vergleich mit allen anderen Staaten in der EU bei der Geburtenentwicklung abgeschlagen an letzter Stelle. Dennoch wird diese alarmierende Entwicklung von den Parteien auch weiterhin offenbar ignoriert. Die Verschrottung von Altwagen ist der Politik 5 Milliarden Euro wert. Für die Abtreibung eines Kindes werden Steuermittel in der Größenordnung von 1.000 Euro aufgewendet. Doch ein Neugeborenes erhält nicht einmal ein paar hundert Euro für eine Säuglingserstausstattung.

Eine kinderfreundliche und kinderreiche Gesellschaft liegt nicht im Trend, weder in unserer Gesellschaft noch in der Zielsetzung der meisten deutschen Politiker. Die Zahl der Geburten pro 1000 Einwohner betrug im Jahr 2008 in Deutschland nach den vorläufigen amtlichen Angaben 8,2 Kinder. Das sind 2,7 Kinder weniger als im EU-Durchschnitt und sogar 4,8 Kinder weniger als in Frankreich. Obwohl dieses Maß an Kinderlosigkeit in Deutschland das Sozialsystem immer weiter untergräbt und auf eine demographische Implosion zusteuert, hält die Mehrzahl der Parteien andere politische Ziele für wichtiger. So kämpft die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries mit ihrer Partei nicht für die Rückkehr zu einer kinderfreundlichen und kinderreicheren Gesellschaft, sondern für die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe und ein Adoptionsrecht solcher Partnerschaften. Und Christa Müller, Ehefrau Oscar Lafontaines, erntete letztes Jahr auf dem Parteitag der Linken sogar Buhrufe und Entsetzen, als sie konkrete Maßnahmen für eine familien- und kinderfreundlichere Politik vorschlug. Sie scheiterte mit ihrem Appell, eine ökonomistisch und emanzipatorisch ausgerichtete Familienpolitik zu beenden.

Diese falsche Prioritätensetzung bei der Mehrzahl der Politiker nimmt ein erschreckendes Ausmaß an. Wie der Bevölkerungswissenschafter Herwig Birg feststellte, verschließt die Politik die Augen vor der demographischen Entwicklung. Sie könnte das Ausmaß einer mittleren Katastrophe annehmen, in die Deutschland regelrecht hineinschlittert, wenn nicht schleunigst wirkungsvolle Maßnahmen zu einer kräftigen Trendumkehr führen.

Auch von Ursula von der Leyen sind keine Impulse zu erwarten. Sie wehre sich gegen die neueste EU-Vergleichsstatistik, schreibt Spiegel-Online. Sie wendet ein, dass die deutsche Rate nicht 8,2 Kinder sondern 8,3 Kinder pro 1000 Einwohner betragen wird, wie die abschließenden Zahlen im September zeigen würden. Tatsache ist: Nach den bisher bekanntgegebenen vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes liegt die Zahl bei 8,2 Kinder pro 1000 Einwohner. Erst im September werden die abschließenden Geburtenzahlen vorliegen. Aber, selbst wenn diese Zahlen dann bei 8,3 Kinder liegen sollten, würde die Bundesrepublik mit Abstand Schlußlicht in Europa bleiben. Denn der europäische Durchschnitt liegt bei 10,9 Kindern pro 1000 Einwohner, in Frankreich bei 13,0 Kindern. Die politische Qualität des Geburtentiefs in Deutschland würde sich damit in keiner Weise ändern. Die Geburten sind hierzulande auf ein historisch niedriges Niveau abgesunken, und sie sackten im ersten Quartal 2009 um mehr als 5 Prozent weiter ab. Daran ändert sich durch ein Zehntel auf oder ab nicht das Geringste.

Der seit Jahrzehnten trostlos anhaltende Geburtenrückgang spiegelt sich in der EU-Statistik wider, die in der untenstehenden Grafik auszugsweise illustriert wird.

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Es besteht dringender Handlungsbedarf. Die Politik Ursula von der Leyens und der Großen Koalition hat auch nach vier Jahren Regierungszeit keine positive Wirkung auf die Nachfrage auf dem Markt der Neugeborenen gezeigt. Die Nachfrage nach Kindern ist bei den Deutschen auch unter der CDU-Familienministerin von der Leyen - entgegen ihrer letztjährigen, voreiligen Jubelrufe - im Tief steckengeblieben. Aus diesem Tal kann die deutsche Bevölkerungsentwicklung nur herausgeführt werden, wenn die Überwindung der Kinderlosigkeit zur Chefsache in Deutschland gemacht wird. Was der Politik der Nachfrageeinbruch in der Autoindustrie wert war, sollte ihr der Kinderbedarf allemal wert sein, zumal er für die kommenden Generationen von zweifellos "systemischer" Bedeutung ist.

Für die Verschrottung des Deutschen liebsten Kindes wurden 5 Millarden Euro bereitgestellt. Auch für die Förderung der Erwerbstätigkeit von Eltern werden große Summen ausgegeben. Mit etwa 12 Milliarden Euro innerhalb von 5 Jahren unterstützen Bund und Länder den Krippenausbau, damit Kinder kein Hemmnis für die Erwerbstätigkeit sind. Und viel wird auch getan, um Kinder zu verhindern. Etwa 100.000 Abtreibungen werden jedes Jahr aus Steuergeldern und Sozialsystem finanziert. Das ist Staat und Gesellschaft immerhin etwa 1.000 Euro pro Schwangerschaftsabbruch wert. Für die Geburt eines Kindes gibt es hingegen nicht einmal ein paar hundert Euro Hilfe zum Kauf einer Säuglingserstausstattung. Wäre die Geburt eines Kindes der Politik wirklich das wert, was ihre Rhetorik behauptet, und würde sie bei der Ankunft eines Neugeborenen Mutter und Kind mit einer Geburtshilfe von 5.000 Euro unter die Arme greifen, läge der Gesamtbetrag für sämtliche Geburtenfälle eines Jahres mit 3,5 Milliarden Euro noch immer deutlich unterhalb der Subvention des Neuwagenkaufs mit Altwagenverschrottung.

Es fragt sich, was dieser Gesellschaft wichtiger ist: Die Verschrottung eines Autos oder die Geburt eines Kindes? Hat Ursula von der Leyen im Kabinett das Problem der Kinderlosigkeit in der gebotenen Weise je auf die Tagesordnung gebracht? Wer kümmert sich endlich darum, dass dies auf die Tagesordnung gesetzt wird und es in diesem Land wieder mehr Kinder gibt?


01.08.09 MEDRUM Gleichstellung statt Kinder

Abtreibung

Leserbriefe

Dem Beitrag ist in jeder Hinsicht zuzustimmen. Und der Verweis auf die Abwrackprämie, so skandalös und zynisch er klingt, trifft das Problem genau. Frau von der Leyen sollte endlich vom ungerechten Elterngeld, das nur sehr wenigen Auserwählten hilft, und vom unverantwortlichen Krippenausbau, der nach dem verständlichen Streik der Erzieherinnen noch mehr Millionen verschlingen wird, Abstand nehmen und junge Familien ideell und materiell deutlich unterstützen. Sie sieht doch sonst so gern nach Frankreich: Dort werden Familien ab dem 3.Kind mit staatlichen Zuwendungen und steuerlich erheblich begünstigt. Mehrere Kinder zu haben ist "in"! Junge Mütter brauchen die Bestätigung für den Wert ihrer Familienarbeit und Familien finanzielle Sicherheit. Ob die Familienministerin, die besser Frauen- oder Karriereministerin hieße, dies einmal zur Kenntnis nehmen wird? Wenn nicht, wird sie sich weiter blamieren.

Mit freundlichem Gruß, Maria Salzwedel

Sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank, dass Sie dieses Thema beleuchten und auch einmal die Summen, die in Deutschland ausgegeben werden in einen Vergleich setzen. Sie haben recht: Die meisten Politiker und Parteien in Deutschlands verschließen die Augen. Aber die Familien-Partei Deutschlands kämpft seit langem für die Aufwertung der Erziehungsarbeit und für ein kostendeckendes Kindergeld. Leider werden wir in den Medien kaum erwähnt und so wäre es schön, wenn Sie auch einmal etwas über uns als echte politische Alternative schreiben würden.

Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Feldmann, Bundesgeschäftsführerin der Familien-Partei Deutschlands www.familien-partei.de