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Bischof July für die Kirchentagsorganisatoren nur ein nützlicher Idiot?


07.03.15

Bischof July für die Kirchentagsorganisatoren nur ein nützlicher Idiot?

Das Wort des württembergischen Landesbischofs Otfried July, dass messianische Juden am Kirchentag 2015 in Stuttgart beteiligt sein werden, ist bei den Organisatoren bisher auf taube Ohren gestoßen

(MEDRUM) Wenn ein Landesbischof vor der Synode eine Zusage für die Beteiligung einer Gruppe am Kirchentag macht, muss das noch nicht viel bedeuten, wie die Organisatoren des Evangelischen Kirchentages 2015 zeigen. Sie ignorierten bisher, dass Bischof Frank Otfried July den Gemeinden messianischer Juden versprach, dass sie zum Kirchentag eingeladen werden.

Statt Einladung Ausschluss?

Wie aus einem Interview der evangelischen Nachrichtenagentur idea hervorgeht (idea-Spektrum, 10/2015), hatte Bischof July, in dessen landeskirchlichem Verantwortungsbereich der diesjährige Kirchentag stattfindet, zwar vor der Synode versprochen, dass messianische Juden beim Kirchentag vertreten sein werden. Doch eingeladen wurden sie bisher nicht. Im Gegenteil: Das Kollegium, das für diesen Kirchentag verantwortlich ist, hat allem Anschein nach sogar ausdrücklich entschieden, dass die messianischen Juden nicht beim Kirchentag mitwirken dürfen.

IImagem Interview mit idea erklärte der Theologische Leiter und Geschäftsführer des Evangeliumsdienstes für Israel (edi), Armin Bachor: "Landesbischof Frank Otfried July hatte vor der Landessynode gesagt, dass messianische Juden Platz und Stimme auf dem Kirchentag haben. Ähnlich hatte sich auch der Leiter des württembergischen Kirchentagsteams, Pfarrer Wolfgang Kruse, geäußert. Selbst das Kirchentagspräsidium hatte versprochen, Vertreter messianisch-jüdischer Gemeinden zu einer Veranstaltung einzuladen, bei der sie sich einer kontroversen Diskussion mit anderen Positionen stellen können."

Statt messianische Juden Casting-Show

Ein Affront? Ja. Denn wie idea berichtet, sind die messianischen Gemeinden be­wusst nicht angefragt worden, am landes­kirchlichen Projekt „Stuttgarts Reichtum" teilzunehmen, an dem Migrantengemein­den und andere Religionen ihre Türen öff­nen werden. Abgelehnt worden seien auch Anträge, sich am „Abend der Begegnung" und am „Markt der Möglichkeiten" beteiligen zu dürfen. Angeblich stellen jüdisch-messianische Gemeinden den jüdisch-christlichen Dialog infrage. So sollen die Kirchentagsorganisatoren ihre Zurückweisung begründet haben. Dafür bietet der Kirchentag andere Events wie die Casting-Show "SongTalent 2015".

Mit ihren jetzigen Entscheidungen setzen sich die Organisatoren des Kirchentages über frühere Entscheidungen sowie das Votum des Landesbischofs hinweg. Seine Offenheit zum Dialog und sein Wort sind ihnen offenbar wenig wert. Der Bischof hat im Zweifelsfalle nichts zu sagen, so wie die Dinge liegen. Nicht einmal Wünsche scheinen willkommen zu sein.

6 Millionen Euro von der Landeskirche

Zudem demonstrieren die Organisatoren, dass sie an ihrer Linie der Ausgrenzung festhalten. Die messianischen Juden sind nicht die einzige Gruppe, die vom Kirchentag ausgeschlossen bleiben soll. So erhielt die geistliche Gemeinschaft "Bruderschaft des Weges" eine Absage von der Politologin Silke Lechner, die dem achtköpfigen Kirchentagskollegium angehört (MEDRUM berichtete). Das Wort der Politologin Lechner hat also ein hohes Gewicht.  Das Wort des Landesbischof hingegen zählt wenig. Er darf immerhin dafür sorgen, dass der Kirchentag in Stuttgart möglichst gut unterstützt wird. Die württembergische Landeskirche übernimmt schließlich von den Gesamtkosten für den Kirchentag in Höhe von 22 Millionen Euro einen Kostenanteil von 6 Millionen Euro. So wird der Landesbischof in die Rolle eines "nützlichen Idioten" gebracht.


08.12.14 Silke Lechner vertritt einen Kirchentag der Ausgrenzung MEDRUM

Leserbriefe

Ist halt eine fromme Show, zu der nur eingeladen wird, der den Machern passt. Geht das aber bei allen andern Shows nicht genau so. Song Talent? Nun ja, solange da nicht ein messianischer Jude/ eine messianische Jüdin mitsingt. Leute, spendet nicht für solch eine Show. Auch wenn es bestimmt die ein oder andere gute Veranstaltung gibt.

Mein erster Kirchentag war in Frankfurt 1956. Ich kann nur sagen: das war für mich als Christ aus der Diaspora ein solch bewegendes Erlebnis. Verkündigung des Evangeliums - klar, sogar auf den Straßen Frankfurts wurde gepredigt. Und in den Straßenbahnen und Bussen wurden Choräle gesungen.

Nun ja, es entwickelt sich eben so manches vorwärts. Immer zum Guten? Schon 1959 in München war es für mich eher enttäuschend. Da gab es schon mehr Diskussion als Verkündigung.

Im Übrigen ist es ja schon ganz schön unverschämt, den Bischof des Kirchentaglandes so zu übergehen.

Jesus war Messias und Jude. Den haben die KT-OrganisatorInnen also auch ausgeladen.

Es ist doch eben ein Kirchentag und kein Messiastag! Oder? Da müssen nur die Kirchen hingehen, aber messianischen Juden nicht. Man ist doch gern unter sich!!! Armes Christentum!

Wenn der Bischof einer der größten Landeskirche von den Kirchentagsverantwortlichen sozusagen zum Messdiener degradiert wird, was eines seiner Anliegen betrifft, und nicht handelt - das kann in diesem Fall nur ein eindeutiger Stop der württembergischen Kirchentagszuschüsse in Höhe von immerhin 6 Mio.€ sein -, dann ist der Vorwurf, er leide unter gravierendem Autoritätsverlust, nicht abwegig.

Grüße Eberhard Westhauser 87761 Lauben

Ich kann nur hoffen, dass der Pietismus, der in Baden-Württemberg stark verwurzelt ist, hier mit einer Stimme sprechen wird. Pietistische Gemeinden werden einerseits als wichtige Besucher (schon alleine zahlenmäßíg) auf dem Kirchentag erwartet und vertreten andererseits aber auch ein klares Bekenntnis zur Bibel. Biblisch ist die Sache klar: Jesus kam zuerst für die Juden, damit die Juden seinen Tod als Bezahlung für ihre Sünden annehmen und Ewiges Leben haben können. Er ist Teil der alttestamentlichen (=jüdischen) Prophezeihung. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Dazu, so hoffe ich, wird sich der Pietismus klar bekennen und Kante zeigen. Das gilt übrigens natürlich genauso für jede andere einflussreiche christliche Gruppierung. Dann könnte sich im Bezug auf den Kirchentag noch etwas tun. Was das "SongTalent" betrifft, so möchte ich hingegen für Differenzierung werben: Das "SongTalent" ist unter anderem ein Projekt von ERF Medien. Der ERF hat zur Rolle der messianischen Juden sicher ein sehr klares Bekenntnis, denn er vertritt biblische Werte. Und: Nicht jede Castingshow muss eine Selbstdarstellungs-Bühne sein!

Es ist die gleiche Kirche, die auch Steigbügelhalter im Dritten Reich war, in dem sie nicht gegen die Judenverfolgung protestierte. Wenn damals alle evangelischen Pastoren die Herausgabe der kirchlichen Abstammungsbücher verweigert hätten, wären die Nazis mit ihrer Judenverfolgung zumindest ausgebremst worden.

Und heute? Aus Feigheit vor politischem Druck und unqualifizierter Berichterstattung werden wieder Juden im Stich gelassen. Eine Schande! Eine Schande für die Christenheit, die mich mit Scham erfüllt. Die Mahnung des Paulus an die Christen in der Gemeinde in Rom :Röm 11,18 "..so rühme dich nicht gegenüber den Zweigen. Rühmst du dich aber, so sollst du wissen, dass nicht du die Wurzel trägst, sondern die Wurzel trägt dich." Was aber passiert mit Zweigen, die sich von der Wurzel lossagen?

... dann käme mir spontan ein Gedanke: Entweder Anmeldung zurückziehen (was bei mir nicht geht, da ich eh nicht hinfahre) oder, wenn man hingeht, sich als Sympathisant gegenüber den Juden erkennbar machen, in dem man auf dem Kirchentag eine Kippa oder einen Sticker mit einem Judenstern trägt ... aber ich habe da gut reden, ... zumindest würde das den Veranstaltern zeigen, dass es so auf Dauer nicht gut geht, wenn man sich von den Wurzeln der Christenheit - und das sind und bleiben nun mal Juden - abschneidet.

http://online.waechterruf.de